INTERNATIONALE PREISDIFFERENZIERUNG

Themenübersicht

Ein Unternehmen, welches international Preise differenziert, verlangt unterschiedliche Preise je nach Gebiet, in der Regel je nach Land, wobei die differenzierte Preissetzung nicht kostenbasiert ist. Ökonomisch handelt es sich in einem solchen Fall um eine sog. Preisdifferenzierung dritten Grades. Damit eine Preisdifferenzierung dritten Grades funktioniert, müssen die Unternehmen Arbitragetätigkeiten von Konsumenten und Händlern verhindern können. In der Onlinewelt geschieht dies etwa durch sog. geo-blocking, z.B. mit einer automatischen Umleitung eines Konsumenten auf eine nationale Website bei einem angestrebten Bestellvorgang im Ausland.

Eine differenzierte Preissetzung erlaubt es den Unternehmen, die Zahlungsbereitschaft der Konsumenten besser abzuschöpfen und einen höheren Gewinn zu erzielen verglichen mit einem Einheitspreis. Welches sind die Gewinner und Verlierer einer solchen Preispolitik und in welchen Fällen ist eine solche Preispolitik gesamtwirtschaftlich gesehen effizient? Die Antwort darauf hängt von mehreren Faktoren ab, u.a. auch davon, in welchem Gebiet (schweizweit/europaweit/weltweit) die Wohlfahrt berücksichtigt werden soll. Der Wirtschaftsnobelpreisträger Jean Tirole (2001, S. 139) fasst die Effekte internationaler Preisdifferenzierung wie folgt zusammen: „The welfare effects of third-degree price discrimination are ambiguous. One has to weigh the losses of consumers in low-elasticity markets against the gains of those in high-elasticity markets and of the producer.”

Die WEKO hat für absolute Gebietsschutzabreden, welche Direkt- und/oder Parallelimporte in die Schweiz - und damit das Ausnutzen von tieferen Preisen im Ausland - erschweren oder verunmöglichen, in der Vergangenheit in einer Reihe von Fällen beträchtliche Bussen ausgesprochen: Gaba (2009), Nikon (2011), BMW (2012) und Livres Romandie (2013). Keiner dieser Entscheide ist bis dato rechtskräftig.

Gewissen Kreisen gehen die Interventionsmöglichkeiten der WEKO aber nicht weit genug. So fordert die parlamentarische Initiative Altherr gegen überhöhte Importpreise und für die Aufhebung des Beschaffungszwangs im Inland, dass bestimmte Verhaltensweisen, wie beispielsweise die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen oder die Erzwingung von unangemessenen Preisen künftig auch Unternehmen mit einer relativen Marktmacht untersagt werden. Auch ist eine Initiative für faire Importpreise geplant; Initianten sind GastroSuisse, das KMU-Komitee für faire Importpreise und Konsumentenschutzorganisationen. Die Motion Hess i.S. „Das Cassis-de-Dijon-Prinzip besser zur Wirkung bringen“ beauftragt den Bundesrat sodann, Massnahmen zu treffen, dass Hersteller ihren Vertriebspartnern in der Schweiz in den Vertriebsverträgen ausdrücklich erlauben, für ihre Produkte auch dann Installations-, Wartungs- oder Garantiearbeiten usw. zu leisten, wenn diese direkt im EWR eingekauft worden sind.

 

Debating Competition Dinner

Das zwölfte Debating Competition Dinner fand am 4. Februar 2016 in Zürich statt. Das Thema lautete: "Internationale Preisdifferenzierung: Eine kartellrechtliche Herausforderung". Die Herren Prof. Dr. Armin Schmutzler (Universität Zürich/WEKO) und Adrian Raass (Senior Regulatory Manager Swisscom) beleuchteten das Thema schwerpunktmässig aus industrieökonomischer Sicht. Die Veranstaltung wurde von Frau Dr. Andrea Graber (Debating Competition) moderiert.

Die Referenten haben sich freundlicherweise bereit erklärt, ein Abstract ihres Referates zur Verfügung zu stellen (PDF).

 

Literatur

Ökonomische Literatur:

  • Stefan Bühler/Daniel Halbheer, in: Marc Amstutz/Mani Reinert (Hrsg.), Basler Kommentar, Kartellgesetz, 2010, Vor Art. 1 N 85 f., 96 ff.

  • Massimo Motta, Competition Policy – Theory and Practice, Cambridge University Press, 2004, 503 ff.

  • Patrick Rey/Joseph Stiglitz, The Role of Exclusive Territories in Producers‘ Competition, RAND Journal of Economics, 1995, Vol. 26(3), 431–451.

  • Patrick Rey/Thibaud Vergé, Economics of Vertical Restraints, in: Paolo Buccirossi (Hrsg.), Handbook of Antitrust Economics, The MIT Press, 2008, 353–390.

  • Jean Tirole, The Theory of Industrial Organization, The MIT Press, 12. Aufl., 2001, 137 ff.

Parlament:

Zeitungsbeiträge und Kommentare:

 

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