KOMPENSATIONS-ZAHLUNGEN

Themenübersicht

Bei Kartellrechtsverstössen können durch die Wettbewerbskommission (WEKO) hohe Bussgeldzahlungen verhängt werden. Unternehmen müssen dabei nach Art 49a KG mit Geldstrafen bis zu 10 Prozent des von ihnen in den letzten drei Geschäftsjahren erzielten Umsatzes rechnen. In der Praxis sieht die WEKO für den Fall, dass Kompensationszahlungen an jene, die durch den Kartellrechtsverstoss geschädigt wurden, geleistet werden, jedoch eine Reduktion der kartellrechtlichen Sanktionen vor.

  • Rechtliche Grundlage: Die Verordnung über die Sanktionen bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen (SVKG) legt neben Art 49a KG jene Kriterien fest, die bei der der Sanktionsbemessung berücksichtigt werden müssen. Neben Dauer, Schwere des Verhaltens und erzieltem Gewinn, sind auch weitere erschwerende (Art 5 SVKG) und sanktionsmildernde Umstände (Art 6 SVKG) bei der Festsetzung der Sanktionshöhe zu berücksichtigen. Neben den besonderen Milderungsumständen in Art 6 Abs 2 SVKG, sind in Art 6 Abs 1 SVKG allgemeine mildernde Umstände festgelegt. Ausdrücklich wird nur die freiwillige und sofortige Aufgabe des unzulässigen Verhaltens erwähnt, die Bestimmung ist aber nicht abschliessend formuliert. Die WEKO berücksichtigt Kompensationszahlungen an die Geschädigten in der Praxis gem Art 6 Abs 1 SVKG.

  • Voraussetzungen und Umfang der Reduktion: Damit Schadenersatzzahlungen an Geschädigte des Kartellrechtsverstosses berücksichtigt werden können, müssen sie bereits vor der WEKO-Entscheidung hinreichend konkret und ausreichend bestimmt sowie gesichert vorliegen. Der Umfang der Reduktion richtet sich nach der Anzahl der entschädigten Kartellopfer sowie der Höhe der effektiven Kompensationszahlungen. Allerdings wird diese Entschädigungszahlung nicht vollständig von der verhängten Sanktion abgezogen, sondern nur im Verhältnis zu den anderen Bemessungskriterien berücksichtigt.

  • Gründe für Berücksichtigung: Die Berücksichtigung der Entschädigungszahlungen bei der Sanktionsbemessung wird mit dem allgemeinen Zweck der kartellrechtlichen Sanktionen begründet. Dabei liegt Art 49a KG einerseits ein pönaler Charakter zugrunde, andererseits sollen die Strafzahlungen auch den widerrechtlich erzielten Gewinn abschöpfen. Durch Kompensationszahlungen, die vor der Sanktionsentscheidung erfolgen, kommt es bereits zu einer entsprechende Gewinnabschöpfung.

  • Regelung in der EU: Auch im Wettbewerbsrecht der EU wird die Möglichkeit einer Sanktionsreduktion infolge von Entschädigungszahlungen zum Teil anerkannt. Beispielsweise sieht Art 18 Abs 3 RL 2014/104/EU (EU-Schadenersatzrichtlinie) vor, dass die Wettbewerbsbehörde vergleichsweise abgeschlossene Schadenersatzzahlungen bei der Verhängung von Geldbussen berücksichtigen können.

Sanktionsreduktionen aufgrund von Kompensationszahlungen stellen für schädigende Unternehmen einen Anreiz dar, die Opfer des Kartellrechtverstosses direkt zu entschädigen. Die Geschädigten haben dadurch die Möglichkeit, leichter Ersatz für erlittene Schäden zu erlangen. Probleme ergeben sich dort, wo diese Reduktionsmöglichkeit zu einem unverhältnismässig grossen Vorteil der schädigenden Unternehmen führt: So werden zwei separate Ansprüche (verwaltungs- und zivilrechtliche) vermischt. Die Anrechnung von Schadenersatz an die Sanktion verkleinert dabei für Kartellanten den Schaden, der Anreiz zur Kartellierung steigt. Aus Sicht der Gewährleistung von Wettbewerb und der Förderung des Private Enforcement ergeben sich hier möglicherweise unerwünschte Nebenwirkungen.

 

Debating Competition Dinner

Das 24. Debating Competition Dinner fand am Donnerstag, 5. März 2020 in Zürich im Zunfthaus zur Saffran statt. Die Referate zum Thema "Kompensationszahlungen: Wundermittel ohne Nebenwirkungen?" wurden von Herrn Dr. David Bruch (Sekretariat WEKO) und Herrn RA Marquard Christen, LL.M., MAS (Partner bei CMS von Erlach Poncet) gehalten. Die Veranstaltung wurde von Herrn Dr. Fabio Babey (IXAR Legal AG /ZHAW) moderiert.

 

Literatur

Einen Einstieg in das Thema bietet die folgende Literatur:

  • David Bruch / Beat Zirlick, Schadenersatz und Sanktionsbemessung, in: Jusletter 2. März 2020

  • WEKO Untersuchung 22-0457, 19.08.2019, https://www.weko.admin.ch/weko/de/home/aktuell/letzte-entscheide.html

  • Krauskopf, in Zäch/Arnet/Baldi/Kiener/Schaller/Schraner/Spühler (Hrsg.), KG Kommentar, Art. 49a Abs. 1–2 Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen

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CONTRÔLE DES INVESTISSEMENTS : NÉCESSITÉ OU ENTRAVE À LA CONCURRENCE ?

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